Floating-PV: Energieerzeugung auf dem Wasser

Angesichts der begrenzten Landressourcen und des wachsenden Bedarfs an erneuerbaren Energien erhält die sogenannte Floating-PV immer mehr Aufmerksamkeit. Dabei werden Solarmodule nicht an Land, sondern auf Gewässern wie künstlichen oder stillgelegten Seen installiert. Doch trotz ihres Potenzials ist ihre Verbreitung in Deutschland noch begrenzt. Günther Obermaier von der BayWa r.e. Solar Projects GmbH und Ina Schabesberger vom Cluster Energietechnik der Bayern Innovativ GmbH diskutieren in diesem Interview potenzielle Vor- und Nachteile der Floating-PV in Bezug auf Effizienz, Umweltverträglichkeit und Förderung.

Floating PV


Worin besteht der Nutzen einer PV-Anlage auf dem Wasser?

Ina Schabesberger: Durch die Installation von Photovoltaikanlagen auf dem Wasser nutzen wir die Wasseroberfläche als unsere Freifläche. Hier ist der große Vorteil, dass ich keine Modifikation auf diesem Areal vornehmen muss. Das heißt, ich muss keine Flächenaufbereitung machen und auch die regelmäßige Pflege, die zum Beispiel bei Freiflächenphotovoltaikanlagen gemacht werden muss, wie Gras kürzen, sämtlichen Bewuchs zu entfernen, um die Anlagen auch vom Ertrag her auf dem höchsten Stand zu halten, ist hier eben nicht nötig. Das heißt, ich habe mein Wasser und da kann ich direkt meine Schwimmmodule draufsetzen. Je nach Gewässertyp und Uferbewuchs habe ich auch keine Verschattung auf den Gewässern oder Seen.
Ein weiterer sehr großer Vorteil ist, dass ich durch die Lage auf dem Wasser eine natürliche Konvektionskühlung durch das Wasser habe. Dadurch habe ich eine niedrigere Betriebstemperatur der PV-Module als bei herkömmlichen oder konventionellen Freiflächenanlagen. Das führt dazu, dass ich einen höheren Wirkungsgrad habe und damit mehr Strom pro Quadratmeter PV-Modulfläche, die ich zur Verfügung habe, erzeugen kann.
Außerdem ist Floating-PV leichter skalierbar ist. Das heißt, ich kann entsprechende Schwimmkörper mit den Photovoltaikmodulen zusätzlich ergänzen, weil ich hier oft etwas freier bin, was die Fläche und die Ausrichtung angeht.

Floating-PV-Anlagen haben also gegenüber anderen Freiflächenanlagen den Vorteil, sonst ungenutzte Flächen sinnvoll zu nutzen?

Ina Schabesberger: Wenn ein Vergleich gezogen werden soll, muss erst mal gesagt werden, dass es ein weiterer wichtiger Baustein ist, um die regenerative Energieerzeugung in Deutschland zu unterstützen. Ich würde das gar nicht so in Konkurrenz setzen, weil Floating-PV ist eigentlich eher eine Variante der Freiflächenphotovoltaik. In Situationen oder in urbanen Regionen oder in Bereichen, wo ich wenig Platz habe oder keine Freiflächen finde, wo ich herkömmliche Photovoltaikmodule aufstellen kann, da kommt dann eben Floating-PV ins Spiel. Das heißt, ich habe irgendwo Flächennutzungskonflikte und durch die Verlagerung auf die Wasseroberfläche kann ich diese Konflikte lösen.
Was auch ein großer Vorteil und Nutzen für die Eigentümer und Eigentümerinnen von solchen Gewässern wie künstliche Seen oder Speicherseen und Stauseen ist, ist die Doppelnutzung. Der herkömmliche Sinn dieser Gewässer wird durch die Stromerzeugung noch erhöht. Und wie gesagt, ein tolles Argument für Floating-PV im Vergleich zu anderen Freiflächen-PV-Anlagen ist der höhere Wirkungsgrad. Wir sprechen hier von 5 bis 10 Prozent höheren Stromerträgen.

Wie sieht es mit den Auswirkungen auf die Natur aus?

Günther Obermaier: Im Jahr 2018 haben wir die ersten Anlagen in den Niederlanden gebaut, und alle wurden einem Monitoring und einer Visualisierung der Umweltauswirkungen unterzogen. Somit liegen einige Daten vor. Grundsätzlich ist das Landschaftsbild weniger ein Thema, weil viele Wasserflächen etwas tiefer liegen als die normale umgebende Landschaft, so dass sie gar nicht so leicht zu sehen sind. Und der Aufbau der Anlage ist ungefähr einen Meter höher, so dass das gar nicht so ins Auge fällt.
Das zweite Thema ist dann eher auf oder im Wasser. Auch das Wasser wird umfassend getestet und überwacht. Wir messen verschiedene Parameter wie Temperatur, elektrische Leitfähigkeit oder gelösten Sauerstoff unter und neben der Anlage. Und hier haben wir viele Studien, auch eine unabhängige Studie von der Universität Groningen. Und die kommt zu dem Resultat, dass es hier keine nennenswerten Beeinträchtigungen gibt.
Wir sprechen von Gewässern, die in der Regel künstlich angelegt sind. Wir würden jetzt keine Naturseen mit Photovoltaikanlagen bestücken, sondern das sind per se schon künstlich angelegte Flächen. Gerade bei Kiesgruben oder ehemaligen Tagebauen ist die Biodiversität dieser Wasserflächen ohnehin nicht sehr groß. Wir versuchen vielmehr, durch zusätzliche Maßnahmen die Artenvielfalt zu steigern. Wir haben zum Beispiel ein Projekt, wo wir sogenannte Biohuts an der Anlage angebracht haben. Das sind mit Muscheln besetzte Drahtkästen, die unter der Anlage befestigt werden und die Biodiversität erhöhen.

Wir bestücken ausschließlich per se künstlich angelegte Gewässer mit schwimmenden Photovoltaikanlagen und keine Naturseen.

Günther ObermaierHead of Sales, BayWa r.e. Solar Energy Systems GmbH


Welche Hürden sind bei der Installation zu beachten, wie z.B. Auflagen, Abstände, maximale Modulanzahl etc.?

Günther Obermaier: Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern muss ich in Deutschland sehr viele Dinge berücksichtigen. Vor allem kann ich nur auf bestimmten Flächen überhaupt Photovoltaikanlagen installieren. Es müssen immer künstliche Gewässer sein. Und diese künstlichen Flächen sind auch wieder begrenzt. Es darf maximal 15 Prozent der Wasserfläche bedeckt sein und ein Abstand von 40 Metern zum Ufer muss eingehalten werden. Das heißt, viele kleine Seen sind schon gar nicht möglich, weil am Ende einfach zu wenig Fläche zur Verfügung steht.

Es muss also niemand Angst haben, dass sein geliebter Baggersee im Sommer nicht mehr zur Verfügung steht?

Günther Obermaier: Nein. Der See muss mindestens zehn Hektar groß sein. Und es ist auch so, wenn dann diese Fläche entwickelt wird, wird auch geschaut, ob der See in Schutzgebieten liegt oder ob es irgendwelche Freizeitnutzungen gibt. Wenn also z.B. der örtliche Segelclub dort ansässig ist, dann würde dieser See nicht als erstes für die Planung einer Anlage herangezogen werden.
Neben den grundsätzlichen Voraussetzungen gibt es auch individuelle Bedingungen. Es muss bei einem Projekt auch immer gegeben sein, dass die Strommenge abgenommen werden kann. Das heißt, es muss auch ein Netzverknüpfungspunkt in der Nähe liegen.

Kostet die schwimmende Solaranlage im Vergleich zu einer normalen Freiflächen-Photovoltaikanlage mehr oder weniger?

Günther Obermaier: Ein grober Richtwert kann schon gegeben werden. Die schwimmenden PV-Anlagen, sind so 25 - 30 Prozent höher im Errichtungspreis. Dafür gibt es in der Regel andere Dinge, die positiv sind. Zum Beispiel muss für die Wasserfläche keine hohe oder gar keine Pacht bezahlt werden, da im Gegensatz zur Freifläche, wo Landwirtschaft betrieben wird, auf der Wasserfläche in der Regel kein Ertrag erwirtschaftet wird.

Gibt es Fördermöglichkeiten oder politische Rahmenbedingungen?

Ina Schabesberger: Grundsätzlich ist es so, dass es keine klassische Investitionsförderung gibt, wo gesagt wird, ich baue eine Floating-PV und bekomme für diese Investition den und den Betrag oder den und den Prozentsatz über eine Förderung. Geregelt wird dies durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Dort ist vorgesehen, dass mit PV-Freiflächenanlagen an Ausschreibungen teilgenommen werden kann. Sieben Cent pro Kilowattstunde gibt es dann, je nachdem, ob die Genehmigung der Bundesnetzagentur vorliegt oder nicht. Hier ist wichtig, Günther Obermaier hat es schon angesprochen, das geht nur für Floating-PV-Anlagen, die in künstlichen Gewässern oder in erheblich veränderten Gewässern nach dem Wasserhaushaltsgesetz errichtet werden.
Eine zweite Möglichkeit, eine solche Förderung zu erhalten, besteht seit dem 01.01.2023. Das sind die sogenannten Innovationsausschreibungen. Hier ist es so, dass zweimal im Jahr Gebotsrunden stattfinden, einmal zum 1. Mai und einmal zum 1. September des Jahres. Das Ganze läuft bis zum Jahr 2028. Es gibt bestimmte Fördervolumen, die jährlich ausgeschrieben werden und die sich auf diese beiden Gebotsrunden verteilen. Hier liegt der Höchstwert mit 9,18 Cent pro Kilowattstunde etwas höher als bei der normalen Ausschreibung.

Floating-PV eignet sich insbesondere für urbane Regionen oder Bereiche mit wenig Freiflächen für herkömmliche Photovoltaikmodule.

Ina SchabesbergerEnergie & Bau, Projektmanagerin, Bayern Innovativ GmbH


Gibt es bereits eine Nachfrage und eine Einschätzung des Energiepotenzials auf deutschen Wasserflächen?

Günther Obermaier: Also die Nachfrage nimmt zu. Es beschäftigen sich immer mehr Leute mit dem Thema Floating-PV. Im Moment haben wir aber die Situation, dass alle auf das Solarpaket 1 warten, das ja ein eigenes Fördersegment für Floating-PV vorsieht. Diese Entscheidung wird von vielen abgewartet und anschließend die Projekte weiter vorangetrieben oder eben nicht. Das Potenzial hängt also sehr stark von diesen Rahmenbedingungen ab. Ohne die Wasserhaushaltseinschränkungen könnten wir ca. 21 Gigawatt Peak Anlagenleistung realisieren. Mit den Einschränkungen von 15 Prozent und 40 Metern können in Deutschland maximal drei Gigawatt Peak installiert werden.

Ist schwimmende PV auch im Ausland ein Thema?

Günther Obermaier: Die Niederlande sind die führende Nation in Europa, wenn es um Floating-PV geht. Die haben ungefähr das 20-fache von dem installiert, was in Deutschland vorhanden ist, obwohl das Land nur einen Bruchteil der Größe Deutschlands hat. Und auch allein in Österreich ist die installierte Leistung bereits doppelt so hoch wie bei uns.

An wen können sich unsere Zuhörenden wenden, wenn sie weitere Fragen zum Thema Floating-PV haben?

Ina Schabesberger: Für das Thema Floating-PV, aber im Prinzip auch für alle Themen im Bereich Energie und Bau, haben wir eine eigene Fachabteilung bei Bayern Innovativ, die sich auch ganz kreativ „Energie und Bau“ nennt. Wer jetzt heute hellhörig geworden ist und ganz konkrete Fragen hat, kann sich auch gerne direkt an mich wenden. Gefunden werden kann ich auf der Internetseite von Bayern Innovativ. Einfach Ina Schabesberger suchen. Dort ist eine E-Mail-Adresse und auch eine Telefonnummer hinterlegt. Grundsätzlich bin ich immer erreichbar. Das spezielle Thema der Förderung kann auch gerne bei uns im Haus vom Projektträger Bayern abgefragt werden. Wir haben auch eine Service-Telefonnummer, die zum Förderlotsen führt, wenn sich erst einmal allgemein informiert werden möchte. Bei konkreten Fragen kann sich direkt an die Kolleginnen und Kollegen vom Projektträger Bayern gewendet werden. Grundsätzlich ist es bei uns so, egal wo hier bei Bayern Innovativ jemand ankommt, wir finden immer jemanden, der die passende Antwort parat hat.


Das Interview führte Christoph Raithel, Teamleiter Event bei der Bayern Innovativ GmbH.

Hören Sie sich das vollständige Interview als Podcast an:

Floating-PV: 2 Perspektiven auf schwimmende Solaranlagen

Wie können Floating-PV-Anlagen auf Gewässern für nachhaltige Energiegewinnung sorgen und welche Rolle spielen sie in der Energiewende? Die Antwort erfahren Sie von dem Experten Günther Obermaier (BayWa r.e. Solar Energy Systems GmbH) und der Expertin Ina Schabesberger vom Cluster Energietechnik.

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Christoph Raithel

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