Nachhaltige Materialien: Biokunststoffe im Fokus

Biokunststoffe bieten eine vielversprechende Alternative zu herkömmlichen Kunststoffen, da sie aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen und biologisch abbaubar sein können. Sie tragen zur Reduzierung von CO2-Emissionen bei und fördern die Kreislaufwirtschaft. Einige dieser Materialien können sogar vergleichbare mechanische Eigenschaften wie synthetische Polymere aufweisen. Dennoch stehen Biokunststoffe vor Herausforderungen wie zum Beispiel begrenzter Stabilität, hohen Produktionskosten und fehlender Marktakzeptanz. Trotz dieser Hürden bieten sie großes Potenzial für eine nachhaltige Zukunft, insbesondere durch den Einsatz in der Medizin und der Verpackungsindustrie.

Wie unterscheidet man Biokunststoffe und sind alle grundsätzlich auch biologisch abbaubar? 

Biokunststoffe umfassen sowohl biobasierte als auch biologisch abbaubare Kunststoffe, einschließ-lich Biokompositen, wie naturfaserverstärkte Kunststoffe und Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoffe. Diese Verbindungen kombinieren die Vorteile von natürlichen Faserstoffen mit synthetischen Polymeren, um verbesserte mechanische Eigenschaften, Gewichtseinsparungen und eine geringere Umweltbelastung zu erreichen. 

Zu den wichtigsten natürlichen Polymerverbindungen, die in Biokunststoffen verwendet werden, zählen Cellulose, Lignin, Inulin, Latex, Chitin und Stärke. Aber auch chemische Derivate wie Cellulose Acetat und polymerisierbare Biomoleküle z. B. Terpene, die aus industriellen Abfallströmen beispielsweise der Papier- und Getränkeindustrie gewonnen werden können, kommen zum Einsatz [1]. Diese Herangehensweise fördert die Kreislaufwirtschaft, indem Abfälle in wertvolle Ressourcen umgewandelt werden. 

Neben den natürlichen Polymerverbindungen gibt es noch eine Reihe von synthetischen Polymeren, die durch Modifikationen oder als Derivat als „Bio“-Kunststoff gelten. Eine Übersicht dazu gibt Abbildung 1. Die Verwendung von „Bio“ führt oft zu dem Missverständnis, dass die Bezeichnung automatisch biobasiert bedeutet oder eine Bioabbaubarkeit beinhaltet. Tatsächlich stammen die meisten konventionellen Kunststoffe und auch eine Reihe biologisch abbaubarer Kunststoffe aus fossilen Rohstoffen, wie Poly(butylenadipat-co-terephthalat) (PBAT) oder Polycaprolacton (PCL). PBAT ist ein Copolymer des Polyesters (PE) und kann in typischen Prozessiertechniken wie Extrusion und Spritzguss verarbeitet werden. Es ist bezüglich der mechanischen Eigenschaften vergleichbar zu Polypropylen (PP), aber mit Hilfe von Mikroorganismen und Enzymen biologisch abbaubar. Aufgrund dieser Eigenschaften wird es gerne bei Verpackungen, in der Landwirtschaft sowie in der Lebensmittelindustrie eingesetzt.  PCL ist ein bei niedriger Temperatur schmelzender Polyester, dessen Abbau durch Mikroorganismen unter Ausschluss von Sauerstoff erfolgt. Zudem wird er gerne in der Medizintechnik eingesetzt.

Bei der biologischen Abbaubarkeit, die hauptsächlich auf Basis von Bakterien oder Pilzen stattfindet, ist die chemische Struktur des Materials am entscheidendsten. Dadurch ist auch vorgegeben, welche physikalisch-chemischen Prozesse benötigt werden, um die Strukturen aufzubrechen. Darunter zählen z. B. hohe Temperaturen, UV-Strahlung, hohe Luftfeuchtigkeit oder auch alkalische bzw. saure Umgebungen. Diese Randbedingungen müssen eingehalten werden, dass die Bakterien oder Pilze das Material in den Stoffwechsel aufnehmen und als Energiequelle nutzen können, damit nur CO2, Salz, Wasser und Biomasse übrigbleiben. Aufgrund dieses komplexen Abbauprozesses können biologisch abbaubare Kunststoffe nicht einfach in die Umgebung entsorgt werden. Daher ist es ratsam, diese Materialien entweder in spezialisierten industriellen Kompostieranlagen oder im heimischen Kompost zu entsorgen, um eine optimale Zersetzung zu gewährleisten und die öko-logischen Vorteile der Biokunststoffe vollständig auszuschöpfen.

Was gibt es für Herausforderungen bei Biokunststoffen?

  1. Biokunststoffe wie PLA und PHA haben einen großen Vorteil für die Bioökonomie, da sie biobasiert und / oder biologisch abbaubar sind. Dies hat aber auch den Nachteil, dass sie dann nicht langzeitstabil und somit nicht für alle Anwendungen geeignet sind. 
  2. Die Bioproduktion bedeutet ein höheres Versauerungs- und Eutrophierungspotenzial sowie höheren Flächenbedarf für die Rohstoffproduktion [5].
  3. Zudem haben sich Biokunststoffe noch nicht auf dem Markt durchgesetzt. Durch geringe Produktionsmengen von ca. 1% weltweit und kaum Wissen über die Prozessierbarkeit stecken noch hohe Kosten in der Forschung und Entwicklung sowie in der Verbesserung der Infrastruktur zur Herstellung, zum Einsatz in Produkten und zur Nutzung im Produktrecycling. Vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und anderen Fördergebern gibt es aber mittlerweile viel Unterstützung zum Aufbau von technischen und produktspezifischen Datenbanken und zur Etablierung von Netzwerken [3, 4]. 

Wo liegen die Chancen der Biokunststoffe?

Trotz all der Herausforderungen bieten Biokunststoffe auch viele Chancen durch eine Reihe von Vorteilen: 

  1. Ressourcen werden durch den Einsatz nachwachsender oder im Übermaß verfügbarer Rohstoffe, wie z. B. Mais, Zuckerrohr oder Schalen von Krebstieren (Chitin) geschont.  
  2. Bioabbaubarkeit und Recyclingfähigkeit reduzieren Müllberge. Pflanzen nehmen während des Wachstums CO2 auf, das bei der Verbrennung von Biokunststoffen wieder freigesetzt wird und dadurch zu einer geringeren Treibhausgasbelastung führt als bei der Verbrennung von Erdölprodukten (30-70 % weniger CO2).
  3. Ähnliche Herstellungsprozesse und Maschinen, die zur Standardkunststoffproduktion eingesetzt werden, können verwendet oder angepasst werden.
  4. Einige Biokunststoffe wie PLA können im Körper abgebaut bzw. für den Medizinbereich verwendet werden. Auch in anderen Bereichen, bspw. der Lebensmittelproduktion und Verpackungsindustrie sind sie als nachhaltige Alternative geeignet.

Fazit:

Biokunststoffe sind es wert, gefördert zu werden – sie sind jedoch, wie viele andere Nischenmaterialien bisher rar und teuer. Es besteht noch viel Forschungsbedarf, aber sie haben ein großes Potenzial für den Markt und eine nachhaltige Wirtschaft.

Bayern Innovativ Newsservice

Sie möchten regelmäßige Updates zu den Branchen, Technologie- und Themenfeldern von Bayern Innovativ erhalten? Bei unserem Newsservice sind Sie genau richtig!

Jetzt kostenlos anmelden