Die Zukunft der Lagerlogistik
Wie lässt sich die Effizienz durch innovative Technologien und KI steigern?
Innovative Systeme, Robotik und künstliche Intelligenz – der Einsatz neuer Technologien verändert die Lagerlogistik grundlegend. Das betrifft die gesamte Prozesskette – von der Warenlagerung über die Warenbewegung bis hin zur Kommissionierung.
Roboter übernehmen zunehmend die zeitintensive Arbeit des Kommissionierens, Verpackens und Transports von Waren, wodurch Fehler minimiert und die Effizienz gesteigert werden können. Automatisierte Hochregallager ermöglichen eine schnellere und präzisere Lagerverwaltung, während KI-Algorithmen riesige Datenmengen analysieren, um die Nachfrage vorherzusagen und Lagerbestände optimal zu managen.
Die Integration von KI-basierter Software optimiert Wege und Aufgabenverteilung im Lager, beschleunigt Arbeitsabläufe und senkt Kosten erheblich. Diese Technologien sorgen nicht nur für eine höhere Genauigkeit und Zuverlässigkeit, sondern bieten auch eine unglaubliche Flexibilität. Sie passen sich mühelos an sich ändernde Anforderungen an, ob bei plötzlichen Nachfrageänderungen oder der Einführung neuer Produkte.
In diesem Webinar stellen wir zwei praxisnahe Beiträge vor, die zeigen, wie der Einsatz neuer Technologien die Lagerlogistik effizienter, kostengünstiger und strukturierter gemacht hat.
KI-basierte Lageroptimierung im B2B-Handel
Wie lassen sich Aufträge so priorisieren, steuern und abwickeln, dass die Prozesse im Lager optimiert ablaufen können? Hierzu gibt Arne Lenz, freiberuflicher Berater bei FREIGEIST-BERATUNG, einen spannenden Einblick in ein Projekt eines mittelständischen B2B-Händlers für Automatisierungstechnik und Kabelmanagement. Das Projekt zielte darauf ab, die Lagerprozesse zu optimieren, die Mitarbeiter zu entlasten und die Lieferzeiten für die Kunden deutlich zu verbessern.
Zu Beginn des Projekts wurde eine umfassende Analyse des Unternehmens durchgeführt, um Schwachstellen zu identifizieren. Lagerhaltung und Kommissionierhandling stellten sich dabei als hochpriorisierte „Schmerzpunkte“ heraus. In der Folge entstand das Leuchtturmprojekt zur Lageroptimierung, das 2021 ins Leben gerufen wurde. Eine der wesentlichen Herausforderungen war die manuelle Handhabung der Kommissionierscheine und der damit verbundene organisatorische Aufwand, wie die Priorisierung und Neuverteilung von Aufträgen. Außerdem wollte man die Laufwegeanteile der Mitarbeitenden reduzieren. Verständlich, denn 89 % der Kommissionierungen bestand aus nur einer Position.
Einsatz von KI zur Prozessoptimierung
Der Einsatz von KI wurde notwendig, um mehrere unbeeinflussbare Faktoren, wie Personalverfügbarkeit und Auftragseingang, effizient zu steuern. Die KI sollte den kreativen Entscheidungsprozess des menschlichen Teamleiters nachbilden und optimieren. Zu diesem Zweck wurden Informationen über Personal, Aufträge und Materialien in die KI eingespeist.
Die Implementierung erfolgte in mehreren Schritten: Zunächst wurden zwei Tage für Workshops und die Analyse vor Ort verwendet, um die Abläufe und Daten zu erfassen. Anschließend folgten fünf Tage zur Datenaufbereitung und Erstellung eines Prototyps. Die vollständige Integration der KI-Lösung in das bestehende SAP-System und die Lagerverwaltung dauerte zwei Monate.
Vorteile und Erfolge der KI-Lösung
Die KI-basierte Software ermöglichte eine automatisierte und effizientere Priorisierung und Verteilung der Aufträge. Mitarbeiter erhielten ihre Aufgaben digital über Zebra-Scanner zugewiesen, was den papierbasierten Prozess ersetzte und die Transparenz im Lager erhöhte. Ein Live-Monitoring-System bot jederzeit einen Überblick über den Status der Aufträge.
Die Gesamtkosten des Projekts beliefen sich Herrn Lenz zufolge auf 65.000 Euro, wobei 5.000 Euro für die Analyse und Prototypenphase und 60.000 Euro für die Umsetzung aufgebracht wurden. Dies verdeutlicht, dass eine effiziente KI-basierte Lageroptimierung auch mit einem vergleichsweise geringen Budget realisierbar ist.
Zukünftige Schritte
Zurzeit werden weitere Schritte diskutiert, wie die Implementierung von Autostore-Systemen zur weiteren Automatisierung und Optimierung der Lagerprozesse. Zusammenfassend zeigt Arne Lenz anschaulich, wie durch den Einsatz von KI die Lagerprozesse in dem mittelständischen B2B-Unternehmen signifikant verbessert werden konnten. Die erfolgreiche Umsetzung des Projekts innerhalb weniger Wochen und mit geringem Budget beweist das Potenzial von KI, die Effizienz zu steigern und die Lieferzeiten für Kunden zu optimieren. Die Mitarbeitenden profitieren von der Entlastung und der gesteigerten Transparenz, was letztlich den gesamten Betrieb optimiert.
Erfahrungsbericht über die Einführung eines automatischen Lager- und Bereitstellungssystems
Sebastian Bayer, IT-Anwendungsleiter bei der Eduard Lutz Schrauben-Werkzeuge GmbH, berichtet in seinem Vortrag von den Erfahrungen bei der Einführung eines automatischen Lager- und Bereitstellungssystems. Das 1946 gegründete und familiengeführte Unternehmen hat fünf Standorte und beschäftigt derzeit 243 Mitarbeiter. Es bietet hochwertige Schrauben, Werkzeuge und Verbindungselemente an, mit einem Fokus auf Innovation und Nachhaltigkeit.
Vor der Einführung des neuen Systems im Logistikzentrum Gersthofen bestand die Logistik aus Bodenlagern, einer zweistöckigen Fachbodenregalanlage und einem Palettenlager. Die langen Wege, hohe Fehler- und Retourenquoten sowie lange Einarbeitungszeiten neuer Mitarbeiter erschwerten den täglichen Betrieb und das Unternehmenswachstum. Diese Engpässe machten eine leistungsstarke Logistik notwendig.
Entscheidung für das neue Lagersystem
Interne Faktoren wie die Expansion der Standorte und externe Einflüsse wie der Fachkräftemangel und veränderte Kundenerwartungen führten zu dem Entschluss, ein neues Lagersystem einzuführen. Ziele waren die Optimierung der Materialflüsse, eine größere Flexibilität für Kunden und effizientere Prozesse.
Projektverlauf: Von der Planung bis zur Umsetzung
Das Projekt startete 2017 mit grundlegenden Überlegungen und Prozessanalysen. 2018 wurden verschiedene Lagertechniken geprüft, bevor die Entscheidung für das AutoStore-Lager fiel. Von 2019 bis 2020 wurden dann die Prozesse und Systeme abgestimmt, der Bau begann im Oktober 2020. Der Umzug der rund 33.000 Artikel ins neue Lager erfolgte von Dezember 2021 bis Januar 2022. Das AutoStore-Lager umfasst aktuell 18 Kommissionierroboter und 27.500 Boxen für mehr als 36.700 Artikel. Trotz anfänglicher Herausforderungen war der Change-Prozess erfolgreich und nahezu alle Mitarbeiter konnten mit ins Boot geholt werden.
Vorteile durch die Umsetzung
Vor der Einführung des neuen Systems erfolgte die Kommissionierung auf Papierbasis nach dem Prinzip "Mensch-zur-Ware". Das bedeutete auch lange Laufwege. Außerdem war die Fehler- und Retourenquote hoch; es gab regelmäßige Bestandsabweichungen und die Logistik war oft im Lieferrückstand. Nach der Implementierung des AutoStore-Lagersystems wird tagesaktuell und papierlos kommissioniert. Die Laufwege konnten durch das neue „Ware-zu-Mensch“-Prinzip erheblich reduziert werden. Auch die Einarbeitungszeit neuer Logistikmitarbeiter sank von ungefähr 3 Monaten auf etwa 15 bis 30 Minuten. Die Fehler- und Retourenquote ging erheblich zurück und es gibt heute nahezu keine Bestandsinkonsistenzen mehr. Insgesamt ist die Belastung der Mitarbeitenden deutlich gesunken und damit auch der Krankenstand.
Zukunftspläne: Weiterentwicklung der Logistik
Zukünftig plant die Eduard Lutz Schrauben-Werkzeuge GmbH den Einsatz von Robotik im Wareneingangs- und Warenausgangsprozess, fahrerlose Transportsysteme und die Nutzung von KI zur Produktdatenpflege. Die Prozesse sollen kontinuierlich angepasst werden, um weiterhin effizient zu bleiben.
Welche Herausforderungen und Chancen bietet die Integration von KI-Systemen in die Lagerlogistik?
In der anschließenden Diskussionsrunde wurde ein starkes Interesse an den praktischen Anwendungen und Vorteilen von KI- und Automatisierungssystemen in der Lagerlogistik deutlich. Besonders interessiert waren die Teilnehmenden daran, welche Herausforderungen bei der Integration in bestehende Systeme auftreten können.
Ein zentrales Thema war das Anlernen der KI. Die Teilnehmenden fragten, welche spezifischen Daten für das Training der KI benötigt werden und wie die Mitarbeitenden in diesen Prozess eingebunden werden. Dies beinhaltete auch Fragen zur Definition von Prioritäten und Synonymen, die für die KI wichtig sind.
Zusätzlich interessierte sich die Runde für den Vergleich zwischen bestehenden ERP-Systemen und KI-Lösungen. Hier stellte sich die Frage, ob die Funktionen der KI unbedingt notwendig sind oder ob bestehende Systeme ähnliche Aufgaben übernehmen könnten.
Schließlich wurden zukünftige Einsatzmöglichkeiten für KI in der Lagerlogistik thematisiert. Die Teilnehmenden erkundigten sich nach weiteren potenziellen Anwendungen von KI, insbesondere in Bereichen wie Bestandsmanagement, Slotmanagement und automatisierter Verpackung.
Insgesamt zeigten die Fragen und Diskussionen, dass ein großes Interesse an der praktischen Umsetzung von KI-Technologien und deren Integration in bestehende Systeme besteht. Ebenso wurde ein starkes Interesse an den zukünftigen Möglichkeiten der Automatisierung in der Lagerlogistik deutlich.
Die Webinarreihe „Aus der Forschung in die Praxis“
In der Webinarreihe „Aus der Forschung in die Praxis“ geben Forschungseinrichtungen und Unternehmen Einblicke in aktuelle Forschungsaktivitäten und diskutieren diese mit den Teilnehmenden. Ziel ist es, vor allem kleine und mittelständische Unternehmen dabei zu unterstützen, digitale Technologien in ihren Produktionsprozessen und in ihrem Engineering sinnvoll zu nutzen.
Sie erreichen das Team des Clusters Mechatronik & Automation von Bayern Innovativ persönlich oder auch über die Mail-Adresse CMA@bayern-innovativ.de.
Kontaktdaten der Referierenden
Arne Lenz
Freiberuflicher Berater, FREIGEIST-BERATUNG
Per Mail kontaktieren
Sebastian Bayer
IT-Anwendung, Eduard Lutz Schrauben-Werkzeuge GmbH
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Internationales Forum Mechatronik in Cham
25. - 26. September 2024
Webinarreihe "Aus der Forschung in die Praxis"
Die Webinare aus der Reihe „Aus der Forschung in die Praxis“ finden im Abstand von ca. 2 Monaten, jeweils Donnerstag von 13:00 bis 14:30 Uhr statt.
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei.
Der nächste Termin findet am 10.10.2024 statt.
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