Ohne Förderung geht es bei der Wärmewende nicht

23.09.2024

Preisgestaltung auf dem Wärmemarkt ist ein heikles Thema. DieTeilnehmenden der Podiumsdiskussion bei der E&M-Energiemanager-Konferenz sehen deutlichen Handlungsbedarf.

„Am liebsten“, sagte Christian Maaß, „wäre es mir, wir hätten Rahmenbedingungen, in denen wir gar keine Förderprogramme benötigen, weil der Markt alles regelt. Aber davon sind wir weit entfernt.“ Wie recht der Leiter der Abteilung Energiepolitik − Wärme, Wasserstoff und Effizienz im Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) mit dieser Einschätzung hat, wurde auf der Energiemanager-Konferenz von E&M in München deutlich.
Maaß (Grüne) diskutierte hier gemeinsam mit Markus Kachel, Partner beider auf Energiewirtschaft spezialisierten Kanzlei Becker Büttner Held, und der Geschäftsführerin der Stadtwerke Bochum, Elke Temme, über Preisgestaltung und Marktentwicklung.

Temme betonte: „Wir kalkulieren so, dass wir Wärmegestehungskosten haben, die wir guten Gewissens an die Kunden weitergeben können. Und das kriegen wir zum aktuellen Zeitpunkt ohne Förderungen nicht hin. “Nach dem Grund dafür gefragt, äußert sich auch Jurist Markus Kachel eindeutig: Es gebe ein politisches Ziel, und das könne nicht erreicht werden, ohne die entsprechenden Anreize zu schaffen. „Deshalb sind Fördermittel derzeit das A und O.“
Dass das Verfolgen dieses politischen Ziels − das Erreichen einer emissionsarmen Strom- und Wärmeversorgung − alternativlos ist, machte Maaß deutlich: All das, was heute geschehe − Extremwetterlagen, Migrationswellen, Unwetterschäden − sei nur ein Vorbote dessen, was passiere, wenn der Klimawandel weiter voranschreite. „Je länger wir warten, desto härter müssen die Maßnahmen sein, die ergriffen werden müssen“.

Dabei habe die Bundesregierung bereits „vieles angepackt“, betonte Maaß unter Verweis auf das Wärmeplanungsgesetz, auf das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW). Und vieles sei in Planung, wie beispielsweise die Fündigkeitsversicherung für Geothermieprojekte oder die Novelle der AVBFernwärmeV, die Wärmelieferverordnung oder die Reform der KWK-Gesetzgebung.

Steuerungswirkung nur durch Konsequenz

Dass regulatorische Vorgaben allein reichen, um die politischen Ziele zuerreichen, stellte Rechtsanwalt Kachel auch mit Blick auf die europäische Gesetzgebung in Frage. Hier seien viele Akteure auf vielen Ebenenbeteiligt. Ob das aber eine direkte Steuerungswirkung auf die Entwicklung des nationalen Wärmemarkts in dem Sinne habe, dass Investitionsentscheidungen anhand der Belastungen durch den CO2-Preis getroffen würden, „da würde ich ein ganz großes Fragezeichen dranmachen“, sagte Kachel.
Langfristig hätten diese Instrumente durchaus eine Steuerungswirkung. Allerdings vielleicht nicht so wie erwartet: Als entscheidenden Faktor sieht Kachel die Festlegung der Grenze für CO2-Emissionen, die bis 2045 emittiert werden dürfen. Dieses Budget an noch zur Verfügung stehenden CO2-Zertifikaten werde Berechnungen zufolge bereits 2038 aufgebraucht sein, so dass Klimaneutralität fast schon zwangsläufig früher als geplant erreicht werden müsse.

Grundsätzlich könnten diese Instrumente ohnehin nur wirken, wenn das von Seiten der Politik auch zugelassen werde. Was bedeutet: Wenn sich Produktionsprozesse, Strom oder Wärme beispielsweise durch die CO2-Bepreisung politisch gewollt deutlich verteuern, dann müsse die Politik dazu auch stehen, damit sich entsprechende Steuerungswirkungen entfalten können.
BMWK-Vertreter Maaß hingegen sprach sich dafür aus, entsprechende Instrumente zwar einzusetzen, sie aber nicht auszureizen. Als Politiker könne man sich die Welt nicht am Reißbrett basteln, sondern müsse auf vieles Rücksicht nehmen, unter anderem auf soziale Realitäten. So hoffe er beispielsweise zwar darauf, dass der Preis den Markt in die richtige Richtung lenke. Dass er dabei aber nicht so stark steige, dass er politisch wieder reguliert wird: „Wenn der CO2-Preis bei 200 statt 60 Euro liegt, dann dauert es maximal drei Monate, bis das Instrument einkassiert wird.“

Vertrauen zurückgewinnen

Die sozialen Realitäten hat auch die Geschäftsführerin der Stadtwerke Bochum im Blick, die sich vor allem darüber Gedanken macht, wie das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückgewonnen werden kann, das in Folge der massiven Verwerfungen auf den Energiemärkten deutlich gesunken sei.
„Mit Fernwärme können wir grüne Energie am besten bereitstellen. Deswegen müssen wir alles dafür tun, dass Fernwärme wieder den guten Ruf bekommt, den sie hatte“. Das gelte insbesondere auch im Hinblick auf die Konkurrenz mit Wärmepumpen, aber auch mit fossilen Energieträgern. „Der Kunde muss das Gefühl haben, dass er keine schlechte Wahl trifft, wenn er sich für Fernwärme entscheidet“.
Ein Weg, dieses Vertrauen zurückzugewinnen, sei Transparenz. BMWK-Vertreter Christian Maaß verwies auf die anstehende Neugestaltung der AVBFernwärmeV. Versorger sollen demnach ausweisen, was die maßgeblich bestimmenden Faktoren in ihrer Fernwärmepreisgestaltung sind, so dass Kunden im Idealfall selber ausrechnen können, welche Auswirkungen die Änderungen einzelner Parameter hat. Allerdings, schränkt er ein, werden Preisgleitklauseln immer eine „gewisse Komplexität“ haben. „Aber wir sind jetzt sehr weit auf der einen Seite. Und wir wollen weit auf die andere Seite“.

Autor: Katia Meyer-Tien
Quelle: Energie & Management Powernews

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