Hälfte der Prozesswärme lässt sich einsparen

20.09.2024

Energieeffizienz sollte auch Priorität bei der Kraftwerksstrategie und beim Netzausbau erhalten. Das würde sowohl Unternehmen als auch dem Klimaschutz zugute kommen.

Seitens der Politik „wird zu wenig darüber nachgedacht, wo Energie eingespart werden kann“, sagte Christian Noll, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff )am 18. September. Deutschland würde seine Effizienzpotenziale nach wie vor nicht ausschöpfen. Eine neue Kurzstudie der Hochschule Niederrhein, durchgeführt im Auftrag der Deneff, zeigt, dass in deutschen Unternehmen durch gezielte Maßnahmen insgesamt bis zu 21 Milliarden Euro jährlich an Energiekosten eingespart werden könnten − allein im Bereich der Prozesswärme.
Schmelzen, härten, backen − der weit überwiegende Teil an Energie und CO2-Emissionen von Unternehmen fließt in diese und ähnliche Bereiche. „Für industrielle Wärmeanwendungen wird in Deutschland genauso viel Energie verbraucht wie für die Gebäudewärme − und das noch überwiegend fossil“, erklärte Noll bei der Vorstellung der Studie. „Es ist überfällig, dass die Politik das Thema strategisch adressiert. Sicher wirdes eines der bestimmenden Wirtschaftsthemen für die nächste Legislaturperiode.“

Abwärme recyceln

Ergebnisse der Studie zeigen, dass im Schnitt die Hälfte der aktuell verwendeten Prozesswärme in der Industrie wirtschaftlich eingespart werden kann. In Zahlen: rund 226 von etwa 680 Milliarden kWh könnten jährlich eingespart werden. Professor Jörg Meyer, einer der Autoren der Studie, hebt hervor: „Das entspricht einem Drittel des gesamten industriellen Energiebedarfs in Deutschland.“ Die möglichen Potenzialeund Maßnahmen unterscheiden sich nach Branche undTemperaturniveau.
Eine große Rolle spielen laut der Studie Wärmerückgewinnung, bessere Steuerung und die exakte Bestimmung der benötigten Temperatur. In Bereichen, in denen Temperaturen bis 200 Grad benötigt werden, könne Abwärme direkt in Industriewärmepumpen recycelt werden und so ganze 80 Prozent im Energieeinkauf gespart werden. Elektrifizierung kann auch im Bereich der Industriewärme helfen, erneuerbare Energien direkt zunutzen − bis in hohe Temperaturbereiche. In Summe bestehen die größten Potenziale allerdings in den „niedrigeren Temperaturbereichen“ bei der Prozesswärme. Insbesondere Wärmepumpen könnten hier eine besonders große Hebelwirkung entfalten, da nur rund ein Viertel der benötigten Wärme als Strom aufgewendet werden muss.

Personalmangel und schlechte Kalkulierbarkeit hemmen

Die Studie zeigt zwar, dass das Energiesparen sich bereits heute lohnt: Der überwiegende Teil der wirtschaftlichen Einsparpotenziale besteht aus Maßnahmen, die eine attraktive Rendite bieten und sich innerhalb weniger Jahre amortisieren. Trotzdem werden bei zu vielen Unternehmen Energieeffizienzmaßnahmen nicht umgesetzt. Die zwei häufigsten Gründe sind mangelndes Personal und Unsicherheiten in puncto Preisentwicklung, die Unternehmerinnen und Unternehmer immer wieder nennen, sagte Meyer auf Nachfrage der Redaktion.
Zusammenfassend scheiterten Energieeffizienzmaßnahmen immer wieder an der Kenntnis geeigneter Maßnahmen,Finanzierungsmöglichkeiten, der Prioritätensetzung im Unternehmen, kurzfristigen Renditeerwartungen, Unsicherheiten bezüglich der Entwicklung von Energiepreiskomponenten und oft schlicht an der Verfügbarkeit von ausreichend großen Stromnetzanschlüssen.
Die Deneff appelliert daher an die Bundesregierung, eine Strategie für die energieeffiziente Dekarbonisierung der Prozesswärme aufzustellen. Neben einem stabilen Förderrahmen muss Energieeffizienz auch Priorität bei der Kraftwerksstrategie und beim Netzausbau erhalten. Bestehende Regelungen wie beispielsweise das Energieeffizienzgesetz müssen konsequent umgesetzt werden.

Lesen Sie hier die Kurzstudie "Energieeffiziente und CO2-freie Prozesswärme“ (PDF-Dokument)

Eckpunkte der Kurzstudie:

  • Effizienz als Schlüssel für die Wärmewende in der Industrie: Die Hälfte der Prozesswärme kann wirtschaftlich eingespart werden, in niedrigen Temperaturbereichen sogar über 80 Prozent (u.a. durch den Einsatz von Industriewärmepumpen).
  • Chance für Unternehmen in Deutschland: 21 Milliarden Euro jährlich könnten in Deutschland an Energiekosten für die Prozesswärmebereitstellung eingespart werden.
  • Energiesparen lohnt sich schon jetzt: 63 Prozent der wirtschaftlichen Energieeinsparpotenziale sind Maßnahmen mit einer attraktiven Rendite, die sich innerhalb von drei Jahren amortisieren.

 

Autor: Heidi Roider
Quelle:  Energie & Management Powernews

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