Batterierecycling als wichtiger Baustein der Kreislaufwirtschaft
Nicht nur für die Elektromobilität sind Batterien eine Kerntechnologie. Die Speicherung von Strom ist für ein Gelingen der Energiewende unabdingbar. Um die Akteure entlang der Wertschöpfungskette zusammenzubringen, wurde Ende Juli das Batterie Netzwerk Bayern gegründet. Ein Aspekt der Arbeit im Netzwerk ist auch das Batterierecycling, das ein wichtiger Baustein für den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft in Bayern ist. Erfahren Sie mehr im Interview mit Peter Meißner von dem Unternehmen Priorec, eine Tochter der Büchel Firmengruppe und Leonard Höcht aus dem Bereich Energie & Bau der Bayern Innovativ GmbH.
Leonard, welche Ziele verfolgt ihr mit dem Batterie Netzwerk Bayern?
Leonard Höcht: In Bayern gibt es viele Akteure, die sich mit dem Thema beschäftigen. Zum Beispiel das BayBat, oder BMW forscht auch an Batterietechnologien und teilweise kennen sich die Akteure schon untereinander. Aber da braucht es noch mehr Vernetzung, mehr Transparenz, wer eigentlich schon unterwegs ist. Ein Ziel ist tatsächlich die gesamte Wertschöpfungskette abzubilden, also von der Grundlagenforschung bis hin zur Anwendung. Und wenn man das Ganze transparent macht, sieht man vielleicht auch, wo da noch wie white spots sind, wo sich vielleicht noch Akteure einklinken können oder wo zum Beispiel noch Forschungsvorhaben notwendig sind.
Warum ist Batterierecycling so ein großes Thema?
Leonard Höcht: Also spannend ist es, weil man sich durch den Import von Batterien natürlich auch Rohstoffe einkauft. Das kann eben für die Sekundärrohstoff-Bereitstellung spannend sein. Das heißt, dass man bei der Batterieproduktion zum Beispiel nicht mehr so stark vom Import abhängig ist. Es macht aber auch Sinn, wenn man generell Kreislaufwirtschaft im Kontext der Nachhaltigkeit betrachtet.
Stichwort: urban Mining. Ihr Spezialgebiet, Herr Meißner, richtig?
Peter Meißner: Ja, die Büchl Firmengruppe und das Spezialunternehmen Priorec kommen ja aus der Entsorgung von Abfällen der Autoindustrie. Sehr früh war klar, die Batterien kommen – bevor dann die große E-Mobilisierungswelle begann, und insofern haben wir uns auf auf diesen neuen Abfall-Strom vorbereitet und der hat tatsächlich viele Besonderheiten, die andere Abfallströme nicht haben. Es gibt ihn noch nicht. Wir erwarten ja die Mengen, die dann zurückkommen in den nächsten Jahren. Jetzt läuft das gerade an und wir haben ganz viele neue Sicherheitsfragen zu klären gehabt und auch die Ausbildung des Personals, die sich mit der Demontage, mit dem Recycling beschäftigt, ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt beispielsweise.
Welche Herausforderungen bringt Batterierecycling mit sich?
Peter Meißner: Ich glaube, das große Thema, das häufig bei der Diskussion um Batterierecycling übersehen wird, ist, dass zunächst ein Entsorgungsvorgang stattfinden muss. Also quasi das Einsammeln dieser Batterien in geeignete Behältnisse mit den entsprechenden Genehmigungen, mit den entsprechenden Fahrzeugen. Und da beginnt eigentlich das Problem, weil wir ja nicht nur wenige, zum Beispiel OEMs, haben, die Batterien haben, sondern Elektromobilität und Batterien finden ja nahezu in allen Branchen statt: bei Kommunalunternehmen, die Busse einsetzen, bei Baufirmen, bei Solarfirmen, die Speichersysteme haben ... Das heißt, die gesamte Wirtschaft wird eigentlich heute mit Batterien versorgt und das bedeutet, wir müssen Strukturen haben, um diese Sachen erst mal einzusammeln. Das ist die große logistische Herausforderung und dann beginnt die Demontage dieser Batterien, also erst mal an die eigentliche Batterie heranzukommen, ja, um die Rohstoffe dann erstmal auch zu generieren für das weitere Recycling und gerade dieser gesamte logistische Prozess, der hat ja diese Sicherheitsrisiken. Dort können Brände entstehen, dort kann man mit kritischen Batterien zu tun haben, dort finden Transporte statt, lange Lagerprozesse etc. und das sind die ganz praktischen Herausforderungen, die häufig gar nicht gesehen werden.
Wie begegnen Sie diesen Herausforderungen konkret?
Peter Meißner: Zum einen brauchen Sie die entsprechende Logistik. Man nennt das auch der ADR-Logistik, also mit Gefahrgut, das sind Gefahrgut-Transporte, das ist eine wichtige Voraussetzung, das hat auch nicht jeder. Sie brauchen Personal, das nach Hochvolt geschult ist, das mit Hochvolt-Batterien überhaupt arbeiten darf. Das darf auch nicht jeder. Und es geht natürlich weiter über einen Betrieb, der auch die Genehmigung hat, mit solchen Batterien dann tatsächlich auch zu arbeiten, diese zu lagern und diese zu demontieren. Und gerade diese Genehmigungsfrage ist ja ein ganz, ganz, ganz großer Schwerpunkt auch der Arbeit. Da spielen dann wieder Versicherungen hinein, Brandschutzkonzepte, Feuerwehr und ähnliches. Und dann merkt man tatsächlich, dass es ein sehr breites Feld ist mit völlig neuen Herausforderungen.
Ich glaube, das große Thema, das häufig bei der Diskussion um Batterierecycling übersehen wird, ist, dass zunächst ein Entsorgungsvorgang stattfinden muss. Also quasi das Einsammeln dieser Batterien in geeignete Behältnisse mit den entsprechenden Genehmigungen, mit den entsprechenden Fahrzeugen.
Nun haben Sie die Genehmigungen, die Batterien bei sich am Hof zu lagern. Was passiert danach?
Peter Meißner: Ich glaube, die ganz große Herausforderung im Batterierecycling ist – und auch das muss man in so einem Gespräch heute mal darstellen: Wir haben ja nicht den einen Batterie-Typ. Wir haben verschiedene Zelltypen, verschiedenste Kathoden-Materialien, das heißt, dieser Rohstoff splittet sich gerade in viele, viele Sub-Rohstoffe auf, die auch unterschiedlich zu behandeln sind. Das heißt, die große Herausforderung ist eben auch, sich auf diese Vielfalt von möglichen Batterietypen und Zellchemien einzustellen. Und das bedeutet, das ist ein permanenter Lernprozess, und das ist eine der ganz großen Herausforderungen auch für ein Netzwerk, frühzeitig zu wissen, was kommt denn eigentlich an Batterietechnologie tatsächlich in den Markt, wo wir dann nach drei, fünf oder sieben Jahren uns mit der Entsorgung auseinandersetzen müssen und da fehlen einfach noch viele Informationen. Die müssen wir uns heute tatsächlich mit den Batterien, mit der Demontage der Batterien selbst erarbeiten.
Welche Rolle spielt second use in diesem Zusammenhang?
Peter Meißner: Es ist wichtig, second use immer als Option zu prüfen. Das kann man wahrscheinlich auch schon in den Werkstätten machen oder bald bei den entsprechenden Herstellern dieser Batterien. Wenn dann einmal ein Entsorgungsvorgang eingeleitet worden ist, geht man schon davon aus, dass es im Regelfall Batterien für das eigentliche stoffliche Recycling sind. Aber wenn die Batterien in Ordnung sind und die Kunden das auch freigeben, das ist ja ein wichtiger Punkt, dann entstehen bei uns tatsächlich auch immer wieder Module, die für second use grundsätzlich geeignet sind und die werden dann auch für entsprechende Hersteller von Speichersystemen aus secund use-Modulen geliefert.
Stichwort: Kreislaufwirtschaft. Was muss sich ändern, damit Sie Batterierecycling noch besser meistern können?
Peter Meißner: Der Batteriepass, der jetzt in der EU festgelegt ist und die wesentlichen Daten der Batterie bereithält, wurde ins Leben gerufen. Aber das garantiert noch nicht, dass bei jeder Batterie, die wir irgendwo entsorgen müssen, dann auch diese Daten vorliegen. Also, hier wird man darüber nachdenken müssen, wie diese Daten auch digital verfügbar sind. Das ist das eine. Das zweite ist, jeder Hersteller von Batterien muss sich zwar registrieren, in der EAR als Batterie-in-Verkehrbringer. Aus unserer Sicht könnte man das noch weiter dazu nutzen und mehr Daten über die Batterie selbst auch dort zu hinterlegen, beispielsweise: welche Zellchemie ist das, wie ist die Zelle insgesamt aufgebaut, die Batterie aufgebaut, also wichtige Informationen für das spätere Recycling. Hier fehlen uns noch die Informationen, gerade wenn es Hersteller gibt aus Amerika oder aus China. Diese Informationen kommen nicht so schnell in den Markt wie die von den europäischen Herstellern.
Gibt es da Hersteller, die schon im Sinne von design for recycling Daten mitliefern?
Peter Meißner: Also, aus meiner Erfahrung nach fast 30 Jahren Abfallwirtschaft in nahezu allen Abfallströmen und Produkten würde ich sagen, das ist immer ein hehrer Wunsch. Aber zunächst mal stehen die Produkteigenschaften im Vordergrund und vor diesem Hintergrund werden die Produkte auch sicherlich so gebaut, dass sie optimal die Anforderungen erfüllen. Das Recycling spielt tatsächlich - das finden wir nicht gut - eher eine untergeordnete Rolle. Auch die Recycling-Wirtschaft hat es immer wieder geschafft, die Herausforderung, die dann entstehen, auch zu erfüllen. Das muss man ja auch dazu sagen. Dafür sind wir ja auch da. Also insofern nein, ich glaube nicht, dass man heute so viel diesen Aspekt betrachtet, sondern es stehen ja technische Entwicklungsszenarien im Mittelpunkt. Cell-to-pack ist so etwas oder eben vollkommen verklebte Batteriemodule, die sich dann tatsächlich auch für das stoffliche Recycling nicht mehr so trennen lassen. Da haben wir sehr viel Erfahrung, das sehen wir auch. Ich habe aber nicht die Hoffnung, dass sich das sozusagen in Richtung einer besseren Demontierbarkeit ändert. Ich glaube, wir müssen uns darauf einstellen.
Vergleichbar mit dem Mobiltelefon, bei dem man früher auch den Akku einfach tauschen konnte - das ist heutzutage eigentlich nicht mehr möglich.
Peter Meißner: Ja, wir hoffen natürlich, und wir sehen, dass die Batterien heute länger haltbar sind, als man ursprünglich gedacht hat. Also wir sprechen vor drei, vier Jahren von von fünf, sechs, sieben Jahren. Heute geht man schon davon aus, dass eine Fahrzeugbatterie durchaus zehn Jahre halten kann. Das heißt, der Lebenszyklus wird länger. Das ist auch gut so. Ja, vielleicht gibt es für einige auch eine second use-Option, aber entscheidend ist, dass wir mit relativ wenig Aufwand - und darauf kommt es ja an, weil das ist ja meistens ein personeller und Anlagen-technischer Aufwand - dann auch die Rohstoffe recyceln können. Und davon ist letztlich abhängig, ob das Recycling auch erfolgreich ist. Am Ende ist es ja eine Kostenfrage und da sind wir bei einem ganz entscheidenden Punkt, den wir, glaube ich, jetzt noch steuern können in der gesamten weiteren Entwicklung. Wir sehen das ja bei den Fahrzeugen heute, dass über 80 Prozent der Fahrzeuge, die in Deutschland abgemeldet werden, eben nicht in Deutschland demontiert und recycelt werden, sondern noch zur Rohstoffgewinnung oder zum Wiederaufbau ins Ausland gehen und Batterien eignen sich natürlich grundsätzlich auch für diesen Weg. Wir müssen schauen, dass wir nicht in eine ähnliche Entwicklung hineinlaufen, dass wir zwar jetzt hier Rohstoffe recyceln wollen, aber am Ende die Batterien in anderen Ländern weiter genutzt werden und das ist ja eine nicht ganz einfach zu beantwortende Frage. Ist das gut oder schlecht? Man kann das auch durchaus als Nachhaltigkeit sehen, wenn gebrauchte Produkte in anderen Regionen weitergenutzt werden, wenn sie denn dann dort auch ordnungsgemäß recycelt werden. Und solange das nicht der Fall ist, sollten wir solche auch riskanten Produkte wie Batterien nicht einfach ausländischen Märkten übergeben, sondern hier in unserem Land oder in der EU recyceln.
Ein Ziel ist tatsächlich die gesamte Wertschöpfungskette abzubilden, also von der Grundlagenforschung bis hin zur Anwendung. Und wenn man das Ganze transparent macht, sieht man vielleicht auch, wo da noch wie white spots sind, wo sich vielleicht noch Akteure einklinken können.
Leonard, wo sind da eure Anknüpfungspunkte im Batterie Netzwerk Bayern?
Leonard Höcht: Also, wir stehen da in der Form noch am Anfang, weil es ja nicht nur die Batterien gibt für Fahrzeuge, sondern auch Batterien für stationäre Speicher. Es gibt ja auch nicht nur die Lithium-Batterietechnologie, sondern gerade in der Forschung sind auch Festkörper, Akkumulatoren … Es gibt aber auch noch die Vanadium Redox Flow oder andere Redox Flow-Technologien, die wir da auch betrachten wollen. Also in der Form sind wir da technologieoffen. Wir sagen nicht, es handelt sich jetzt nur um die Lithiumionen-Technologie oder nur um Batterien für E-Autos - und das ist natürlich spannend, weil in der Forschung noch relativ viel passiert momentan - und wir sehen auch, es gibt jetzt schon die ersten Festkörperelektrolyt-Batterien auch in den Autos. Das ist natürlich eine spannende Frage, wie die dann recycelt werden können. In Zukunft aber generell diese Akteure mal zusammenzubringen, zu sagen, was haben wir eigentlich für Forschungskompetenz in Deutschland, in Bayern, wo können wir anknüpfen, wo können wir uns bei geplanten Batterie-Produktionsstandorten mit einbringen? Wie schaffen wir es, dass diese Grundlagenforschung auch in die Anwendung kommt, dass wir vielleicht Spezial-Batterien, die nur eine sehr geringe Anwendungsbreite haben, aber dass wir da diese Kompetenz in Bayern behalten beziehungsweise auch die Produktion in Bayern halten, das mal transparent zu machen? Eben diese angesprochene Landkarte wäre ganz spannend, dass man sagt, wo bei der Wertschöpfungskette gibt es eigentlich welche Akteure, wie weit sind die beim Technology Readiness Level, dass man das mal alles einordnen und transparent macht, die Akteure vernetzt und natürlich die Information bereitstellt, unter anderem jetzt mit so einem Podcast, dass man einfach mal informiert, was sind die Herausforderungen, und wo muss man da anknüpfen?
Was für eine Art Landkarte wollt ihr machen?
Leonard Höcht: Also, es ist eine andere Metrik. Bis zum Ende des Jahres wollen wir eine Karte entwickeln, die Kompetenzen darstellt und die Metrik ist jetzt nicht die Geografie, wo in Bayern sitzt eigentlich wer. Ich glaube, das kann man recht schnell rausfinden. Sondern wo auf der Wertschöpfungskette sitzt jemand und das lässt sich dann auch identifizieren. Eben ob es noch Lücken gibt oder wo man sich einklinken kann.
Was plant ihr noch im Batterie Netzwerk Bayern?
Leonard Höcht: Also, was jetzt schon passiert ist, ist, wir haben eine Patent-Analyse zu Lithiumionen-Batterien und zu Redoxflow-Technologien, die wir analysieren. Wer sind eigentlich die Patentinhaber? Welche Patente wurden angemeldet, in welchem Jahr? Wer sind die Player? Die Analyse haben wir jetzt schon mal an die Mitglieder verschickt. Das Netzwerk ist auch offen, also wer sich da beteiligen möchte, der kann gerne auf mich, auf uns zukommen. Was noch passiert: wir werden in einem Webinar die Ergebnisse dieses Workshops präsentieren, also welche Themen, welche Formate von den Mitgliedern gewünscht werden - wir wollen ja auch nicht am Bedarf vorbei agieren. Und auf jeden Fall sind weitere Veranstaltungen geplant, Informationsveranstaltungen in Präsenz, aber auch Webinare, Treffen bei den einzelnen Akteuren, also bei den Unternehmen oder Forschungseinrichtungen, um sich gegenseitig kennenzulernen und besser zu vernetzen.
Das Interview führte Christoph Raithel, Teamleiter Event bei der Bayern Innovativ GmbH.
Hören Sie sich das vollständige Interview als Podcast an:
Batterierecycling in Bayern
Nicht nur für die Elektromobilität sind Batterien eine Kerntechnologie, die Speicherung von Strom ist für ein Gelingen der Energiewende unabdingbar.
Um die Akteure entlang der Wertschöpfungskette zusammen zu bringen, wurde Ende Juli das BatterieNetzwerkBayern gegründet. Ein Aspekt der Arbeit im Netzwerk ist auch das Batterierecycling, das ein wichtiger Baustein für den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft in Bayern ist. Über die dabei entstehenden Herausforderungen spricht Christoph Raithel mit Peter Meißner von Priorec, und unserem Energie-Experten Leonard Höcht .
Ihr Kontakt
Das könnte Sie auch interessieren
Bayern Innovativ Newsservice
Sie möchten regelmäßige Updates zu den Branchen, Technologie- und Themenfeldern von Bayern Innovativ erhalten? Bei unserem Newsservice sind Sie genau richtig!